Tricks und Kniffe eines Barkeepers

Haben Sie sich einmal gefragt, woher bei Barkeepern die Leidenschaft für vermeintliche Details kommt? Oder etwas provokanter formuliert: Warum verkünstelt er sich denn jetzt mit dem Gemüse und dem Strohhalm?
Werfen wir einen genauen Blick auf diese Spielereien.

Wir beginnen mit dem Strohhalm oder liebevoll auch “PVC-Trinkhilfe” genannt. Gerne legt ein Barkeeper Wert auf deren Länge. Bei einem gekürzten Strohhalm beispielsweise bekommt der Gast die Möglichkeit Aromen auch durch die Nase wahr zu nehmen, welche zusätzliche Rezeptoren besitzt. Außerdem kann die Anzahl der Strohhalme variiert werden.

Bei einer Caipirinha soll ein zweiter Halm das Verstopfen durch crushed Ice verhindern.
Nun zur Dekoration (alias Gemüse), die schon lange nicht mehr nur einen rein optischen Nutzen erfüllt. Minze zum Beispiel: Viel des geschmacklichen Aromas steckt hier tatsächlich im Stiel, weswegen dieser im Drink verarbeitet werden sollte. Für die Optik und die Nase kommt das obere Ende mit den geruchsintensiven Blättern ans Glas.

Bei einem MaiTai, einem starken Tikidrink mit viel Rum, können sich beispielsweise Alkoholdämpfe lösen, die dann angenehm von der Minze überdeckt werden. Bei einem Mojito hingegen, bei dem die Minze schon als Zutat eine Rolle spielt, wird durch die Dekoration der Drink abgerundet.

Zitruszesten werden ähnlich genutzt. Meistens wird die Frucht verwendet, die auch Cocktail-Bestandteil ist. Die äußere Schale der Zitrusfrucht enthält ätherische Öle und die innere Bitterstoffe. Durch Knicken der Zeste wird die äußere Schale aufgebrochen und die Öle werden freigesetzt. Nun gibt es mehrere Möglichkeiten:
Zum einen kann damit der Stiel des Glases eingerieben werden, damit die Öle noch lange an Ihren Händen haften bleiben, nachdem Sie das Glas am Stiel angefasst haben. So nehmen Sie eine schöne Erinnerung an den Abend mit nach Hause.

Zum anderen sind die Öle brennbar und der Barkeeper kann diese über dem Drink anzünden. Es entwickelt sich ein kurzer intensiver Impuls für die Nase und natürlich einige Aroma-Sternschnuppen über Ihrem Drink.

Neben diesen kleinen Effekten können die Öle auch komplementär zum Drink, analog wie bei der Minze beschrieben, funktionieren. Hierzu braucht man ein oben zulaufendes, sich verjüngendes Glas, welches die Öle hält. So kann man einen einfachen Aperol Spritz im Weinglas zu einem besonderen Erlebnis machen, indem man eine Zeste über der Glasöffnung knickt und die Öle über den Drink spritzt.

Auch die Glasauswahl trägt zum Charakter des Drinks bei. Gläser unterstützen den Drink sowohl optisch als auch funktionell. So werden Silber- und Kupferbecher wegen ihres kühlenden Effekts genutzt. Eine schlichte Schale oder ein einfacher Tumbler untermalen einen Klassiker. Drinks wie ein Martini oder Daiquiri bestechen in Cocktailschalen durch ein simples Auftreten. Diese Drinks punkten durch die Technik der Barkeeper und eine ausgewogene Rezeptur. Tiki Mugs sind meist aufwendig gestaltete Becher, welche die Herkunft des Drinks untermalen. Zudem haben sie ein größeres Volumen, damit mehr Eis ins Glas passt. Es sollte crushed Ice verwendet werden, da dieses, durch die größere Oberfläche, schneller schmilzt und der Cocktail gezielt verwässern kann.

Dies führt mich zur nächsten Frage:
Verwässerte Cocktails? Das will doch niemand, oder doch? Die Wahl des Eises und die Menge sind ein nicht zu unterschätzendes Arbeitsmittel der Barkeeper. Hier möchte Sie niemand übers Ohr hauen, denn Tikis und manche andere Drinks sollen verwässern. Es handelt sich immer um extrem starke Drinks, die durch kontinuierliche Verwässerung langsam verdünnt werden. So wird der Cocktail manchmal erst genießbar und vor allem entfaltet er so nach und nach all seine Aromen.
Warum sind dann nicht alle Cocktails mit Eis, sondern werden zum Beispiel in der Schale serviert? Cocktails in der Schale haben meist eine geringere Flüssigkeitsmenge und sind schnell getrunken. Der Barkeeper sollte den Cocktail während der Zubereitung soweit herunterkühlen, dass die Temperatur lange genug anhält und kein schmelzendes Eis das Gleichgewicht durcheinander bringt.

Bei anderen Drinks wird auf viele Eiswürfel gesetzt. Dabei gilt: Je mehr Eis man benutzt und je kälter der Eiswürfel ist, desto weniger verwässert der Cocktail. Sollten Sie daher bei einem Gin & Tonic das Longdrinkglas voll mit Eiswürfeln bekommen, betrügt Sie keiner um die Menge des Drinks.
Eine weitere Option sind große Eiskugeln. Diese kommen in Tumblern zum Einsatz. Das Eisvolumen entspricht dem von mehreren normalen Eiswürfeln, allerdings ist die Oberfläche der Kugel in Relation zum Volumen die kleinste.

Damit ein Cocktail zu einem Erlebnis für alle Sinne wird, sind viele Handgriffe und Tricks notwendig, von denen ich hier natürlich nur eine kleine Auswahl vorstellen konnte. Nun können Sie ihren Drink schon an einigen optischen Kriterien bewerten und ich hoffe, ich konnte Ihnen dadurch einen kleinen Einblick in den faszinierenden Beruf des Barkeepers gewähren.

In diesem Sinne,
Cheers!