Kurztrip zum venezianischen Karneval

Die fünfte Jahreszeit bricht an und überall auf der Welt ziehen närrische Gestalten durch die Straßen.

Wir machen auch einen Spaziergang: Durch viele kleine Gassen, über unzählige malerische Brücken, immer wieder sehen wir Bote auf kleinen Flüssen zwischen den Häusern. Ein Bild, das jeder von uns kennt. Getrieben von den Menschenmassen in ihren prunkvollen Masken mit Schnäbeln und Federn finden wir uns plötzlich auf einem großen Platz wieder. Der Karneval ist in vollem Gange. Nach einiger Zeit wird uns der Trubel zu viel und wir suchen ruhigere Gesellschaft. Um den vielen Verkleideten zu entkommen, fahren wir mit einer dieser sogenannten Gondeln. Vom Markusplatz ist es nicht weit, den Canale Grande runter nach Westen, bis wir eine kleines Restaurant am Ufer ausmachen. Hausnummer 1323, eher unscheinbar. Durch die milchigen Scheiben erkennen wir den Namen »Harry« auf den Scheiben – warum nicht!?

Auf der Karte finden wir lauter kleine Speisen und Geschichten. Wir können es kaum glauben, aber wir haben den Ort gefunden, an dem für eine Frau aus einer berühmten venezianischen Patrizierfamilie das Carpaccio entwickelt wurde, weil ihr Arzt den Verzehr von gegartem Fleisch verboten hatte. Die Auswahl für einen kleinen Snack ist schnell getroffen, aber für ein Getränk können wir uns nicht so recht entscheiden. Schon wieder Aperol Spritz? Nur weil wir in Italien sind? Dabei trinken wir das in Deutschland doch auch ständig! Wir fragen den Kellner und neben einer schönen Weinkarte wird uns ein Bellini empfohlen.

Im Laufe des Abends erfahren wir, dass auch dieses, doch so einfache Meisterwerk hier entwickelt wurde und seitdem als Signatur Drink in »Harry´s Bar« fungiert.

Am 31. März 1931 eröffnet, wurde die Bar sehr schnell bekannt und war in den 1950ern ein zweites Wohnzimmer für einige international bekannte Schriftsteller wie Sinclair Lewis, Orson Welles und auch Ernest Hemingway, welcher die Bar sogar in seinem Buch »Across the River and into the Trees« verewigte.

1948 fand der puristische Drink seinen Weg auf die Barkarte, nach einem Künstler der Renaissance benannt. Dabei soll die Farbe des Drinks zu einem leichten Pink tendieren, wobei die Verwendung dieser Farbe in Giovanni Bellinis Gemälden eher ein Mythos ist. Mit all diesen liebevollen Geschichten und Details wird das »Harry´s« zu einem Museum für gastronomische Geschichte.

Nur zwei einfache Zutaten machen zum richtigen Zeitpunkt den perfekten Drink. Weiße Weinbergpfirsiche bringen aromatisch alles mit, um aufgegossen mit trockenem Sekt oder Champagner jeden Spritz-Cocktail zu schlagen.

Früher wurde der Drink tatsächlich ähnlich einer Bowle serviert, indem Stücke der Frucht mit Schaumwein aufgegossen wurden. Später wurde dann gepresst und sogar püriert. Vor 70 Jahren war das Getränk noch saisonal beschränkt auf die Erntezeit der weißfleischigen platten runden Früchte der Pfirsichfamilie. Heute fungiert das Obst als Ergänzungsfrucht auf deutschen Weinbergen und kann, als Püree haltbar gemacht, ganzjährig verkauft werden. Das klassische Rezept besteht aus drei Zentilitern Pfirsichpüree, aufgegossen mit 10 Zentilitern trockenem Sekt.

Für einen italienisch angehauchten Sommerabend, zur Erinnerung an diesen Kurztrip zum venezianischen Karneval, empfiehlt sich der Bellini als Welcome Drink für Gäste. Das geschmacklich beste Ergebnis erzielen dabei nach wie vor frische Zutaten. Also gilt es, die Pfirsiche frisch zu kaufen und selbst zu pürieren. Bei der Zubereitung hat man zwei Alternativen: Die Sektflöte oder die Cocktailschale. In der Sektflöte behält der Schaumwein seine Kohlensäure etwas länger. Dafür bildet sich in der Schale eine charakteristische frische Schaumkrone und der Bellini bekommt seine unverwechselbare Konsistenz, wenn das Püree eiskalt und fast gefroren in die Schale gegeben wird. Zu den Snacks und dem Carpaccio, während man sich Dias anschaut und in Erinnerungen schwelgt, dürfen die italischen Weine nicht fehlen und zur späteren Stunde bietet uns das Land um Venedig etliche Alternativen von Likören, wie dem Limoncello, bis hin zu feinstem Grappa der venezianischen Destillerie Poli.


Alla salute!
Euer Dennis

Bellini

  • Pfirsichpüree (4-8cl)
  • Weinbergpfirsiche (selbstgemacht oder gekauft)
  • Sekt/Champagner (10cl)
  • Coktailschale/Weinglas

Pfirsichpüree in ein Glas geben und mit Sekt oder Champagner aufgießen. Fertig!