Tanzen und Gesundheit werden oft miteinander in Verbindung gebracht: Tanzen beugt ja schließlich Alzheimer vor, macht schlank, schön und potent […]. Aber ist an den Mythen tatsächlich etwas dran?

TANZEN – Das Magazin hat Andrea Schneider gefragt. Sie ist nicht nur ausgebildete Physiotherapeutin, sondern auch Ostheopathin, Heilpraktikerin und Tänzerin. Seit langem behandelt sie auch Tänzer und Tanzlehrer und weiß, welche Probleme durch das Tanzen auftauchen können und welche Vorteile das Tanzen mit sich bringen kann.

TANZEN – Das Magazin: Welche gesundheitlichen Vorteile bringt das Tanzen aus deiner Sicht mit sich?
Andrea Schneider: Tanzen hat ganz vielseitige Vorteile. Zum einen kann Fehlhaltungen vorgebeugt bzw. entgegen gewirkt werden, die Beweglichkeit wird verbessert, die Durchblutung und damit auch der Stoffwechsel wird angeregt. Der ganze Körper wird beim Tanzen in seinen funktionellen Zusammenhängen genutzt. So wird die Verschaltung vom Gehirn zum Körper aktiv trainiert, was für Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer, bei denen es wichtig ist, das Gehirn zu aktivieren, sehr wirkungsvoll sein kann.
TANZEN – Das Magazin: Was unterscheidet Tanzen von anderen Sportarten?
Andrea Schneider: In vielen Sportarten wird ab einem bestimmten Level die Technik und Ausführung wichtig. Beim Tanzen geht es allerdings, im Vergleich zu anderen Sportarten, schon in viel niedrigeren Leistungsklassen um sehr bewusste Körpersteuerung.
TANZEN – Das Magazin: Für wen ist Tanzen eine geeignete Sportart?
Andrea Schneider: Tanzen ist für jedermann!
[…] Je jünger man anfängt, die Verschaltung von Gehirn zu Körper zu trainieren, desto schneller entwickelt sich ein entsprechendes Körpergefühl. Aber auch später, besonders wenn man viel am Schreibtisch sitzt, kann man mit dem Tanzen eventuellen Fehlhaltungen entgegenwirken […]. Gleiches gilt für Senioren, die sich körperlich und geistig fit halten möchten. Tanzen kann auch als Sturzprofilaxe gesehen werden, da der Körper schneller reagieren kann, um einen Sturz zu verhindern, wenn es mal ernst wird. Zu alt zum Tanzen gibt es also nicht!
TANZEN – Das Magazin: Trotz der vielen Vorteile, klagen viele Leute über Beschwerden wie Rückenschmerzen nach dem Tanzen. Welche Ursachen kann das haben, beziehungsweise was ist in solch einem Fall zu beachten?
Andrea Schneider: Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen kurzfristigen und langfristigen Fehlhaltungen. Bei kurzfristigen und noch nicht stark manifestierten Fehlhaltungen reicht es oft aus, sie im Tanzkurs zu korrigieren. Meist ist sofort ein positiver Effekt spürbar und dann gilt »weiter machen!«.
Bei längerfristigen Fehlhaltungen ist es schwieriger. Der Körper kompensiert Fehler so gut, dass man im Alltag lange keine Schmerzen spürt. Sobald dann aber erhöhte Belastungen wie beim Tanzen auftreten, kann man durchaus spüren, dass etwas nicht optimal ist. Muskelketten sind oft verkürzt oder überdehnt […]. Gerade in solchen Fällen ist es wichtig dran zu bleiben, da Muskeln, die über Jahre verkürzt beziehungsweise überdehnt wurden, nicht in einer Stunde wieder in den Optimalzustand zurück gelangen können. Sollte sich auch nach mehreren Wochen nichts verbessern, ist es ratsam, einen medizinischen Rat einzuholen […]. Solange man also die Fehlhaltung weg trainiert und nicht hinein trainiert, kann ohne Bedenken getanzt werden.
TANZEN – Das Magazin: Wie häufig sollte trainiert werden, um einen möglichst großen Effekt zu erzielen?
Andrea Schneider: Ungefähr drei bis vier Mal die Woche sollten die bewussten Impulse ans Gehirn gesendet werden. Je öfter sie gesendet werden, desto schneller reagiert der Körper auch, wenn die Muskeln gebraucht werden. Dennoch gilt: Einmal ist besser als keinmal!

Andrea Schneider (40)
Heilpraktikerin, Physiotherapeutin & Kunstturnerin
hat Ostheopathie studiert
ist seit 2008 selbständig
beschäftigt 13 Mitarbeiter
hat in Fitnessstudios unterrichtet
spielt seit 2010 Golf
ist Wohnzimmertänzerin

70% gemindertes Risiko, durch regelmäßiges Tanzen an Demenz zu erkranken
Tdm-Studie 2017