In den letzten Jahren haben sich zwei globale Trends in unserem Alltag festgesetzt und diesen zum Teil nachhaltig verändert. Zum einen entwickelte sich die Szene der sogenannten Hipster und mit ihr die Rückbesinnung auf Althergebrachtes (»retro«), zum anderen ändert sich das Konsumverhalten vieler Menschen: Man kauft verstärkt regional, ökologisch und nachhaltig.
Auch an der Bar können wir diese Entwicklung beobachten und vor allem an der steigenden Popularität eines bestimmten Getränks festmachen.

»Trafen sich ein englischer Arzt, ein englischer Matrose und ein indischer Hafenarbeiter in einer Bar…« so oder so ähnlich könnte ein Witz zur Entstehung des Gin Tonic beginnen.

Zu Zeiten des British Empire wurden den Kolonialarmeen in Indien zum Schutz vor Malaria eine Tagesration Chinin verordnet. Einfach nur in Wasser gelöst, sorgte das bittere Pulver jedoch schnell für Unmut, sodass experimentierfreudige Naturen Zucker und auch Zitrone (die als Nebeneffekt zur Vorbeugung von Skorbut diente) hinzu gaben, und so entstand der erste Indian Tonic Water. Von da war es nur noch ein kleiner Schritt, bis auch die Tagesration Gin der Royal Navy genutzt wurde, um das Ganze dann tatsächlich verträglich zu machen.

Warum Gin heute (wieder) so gefragt ist, lässt sich nicht genau sagen. Grundsätzlich unterliegt auch der Absatz von Spirituosen modischen Schwankungen, zusätzlich haben einige Brennmeister die oben erwähnten Alltagstrends aufgegriffen. Und so konnte die stetig wachsende Ginbranche mittlerweile den Wodka als beliebtestes Getränk verdrängen. Dabei springen immer mehr Destillen auf den Zug auf und kreieren immer neue Gins, sodass unsereins inzwischen Gin-Regale finden kann, die der Größe einer Weinhandlung gleichen.

Und dann kommt noch die psychologische Komponente ins Spiel: Gin Tonic gibt es schon sehr lange am Markt – anfangs noch belächelt als »langweiliger Durstlöscher« neben den ganzen sogenannten »Fancydrinks« (z.B. Piña Colada). Aber was heißt das schon: wer früher mit Rubiks Zauberwürfel umgehen konnte, war ein Nerd – heute ist man damit retro und angesagt.

Dabei finden sich auf vielen Flaschen Hinweise, die uns zum Kauf animieren, gerade wo wir doch so auf ausgewählte Produkte stehen. Handcrafted – handverlesene Botanicals – aus der Region etc.

In Europa muss Gin gewisse Standards erfüllen, weswegen sich immer Wacholder unter diesen sogenannten Botanicals findet. Alle weiteren Entscheidungen liegen beim Brennmeister. Botanicals sind die Aromageber. Sie können auf unterschiedlichen Wegen in den Gin gelangen, zum Beispiel schon während der Destillation, durch Mazeration oder durch Dampfinfusion, und nicht zuletzt aber auch erst danach hinzugegeben werden. Dadurch entsteht eine beispiellose Vielfalt; sowohl international als auch regional.

Bei dieser Auswahl braucht es auch ein entsprechendes Sortiment an »passenden« Tonics und damit werden Kombinationsmöglichkeiten heute so unübersichtlich, dass unter Berücksichtigung der Garnitur eine kleine Wissenschaft für sich entsteht.

Was also tun im Hinblick auf das kommende Frühjahr und den Sommer?
Ein Kräutergarten zum Grillen und für diverse Drinks, Limos und Ice Tea sollte sowieso angepflanzt werden. Also ist schon mal Material für den Feinschliff vorhanden. Aber welcher Gin und welches Tonic? Ein klassischer Gin darf immer im Regal stehen. Nicht umsonst bestehen bekannte Marken seit Jahren und sind immer noch in den Supermärkten zu finden. Hier darf aber auch ein Blick in die etwas höhere Preiskategorie geworfen werden. Guten Gin findet man schon ab etwa 14 Euro die Flasche; mehr als 40 Euro muss man aber nicht ausgeben. Wenn es an die Exoten geht, entscheidet der eigene Geschmack, aber ich verspreche: Es ist für JEDEN ein besonderes Erlebnis in dieser Welt versteckt.

Bei einem klassischen Gin stehen in der Regel Wacholder- und Zitrusnoten im Vordergrund, während man die exotischen Gins als floral bezeichnen könnte. Hier kann alles Mögliche auf der Zunge ausschlaggebend sein: Holunder, Basilikum, Rosmarin, Pfeffer, Zitronengras sowie alle anderen Kräuter, Pflanzen und Früchte.

Tonic Water müssen zum Gin passen, die Kombinationsmöglichkeiten können sehr gut im Netz recherchiert werden. Dabei gibt es vor allem zwei Vorgehensweisen. Entweder unterstreiche ich die Noten des Gins, zum Beispiel mit einem Indian Tonic bei klassischen oder mit einem mediterranen Tonic bei exotischen Bränden. Da sich aber jeder Gin unterschiedlich verhält, kann es passieren, dass der Gin damit eher in den Schatten gestellt wird. Dann wähle ich besser ein gegenteiliges Tonic und versuche so, die Besonderheiten des Gins durch die Differenz zum Tonic in den Vordergrund zu stellen. Ganz nach den Mottos: gleich und gleich gesellt sich gern, aber Gegensätze ziehen sich an. Die Tonics lassen sich allgemein in Indian (so ziemlich die Standardvariante), Mediterran (blumig, eher süß und weich) und Dry (eher trocken und herb) unterteilen.

Meine Favoriten:
Klassische Gins:
Finsbury Platinum 47%,
Tanqueray No. 10, Beefeater 24,
Iris Dry Gin
Exotischere Varianten: Gin Mare, Sharish, Columbien Aged
Tonics: Fevertree, 1724,
Goldberg, Thomas Henry
(Achtung: hier gibt’s verschiedene)

Here’s to you,
Dennis