Line In – Der Musikkanal

Hinter dem Mischpult

DJing ist – neben dem Tanzlehrerdasein – einer der tollsten Jobs, die es gibt. Hier kann sich jede(r) seine eigene Nische suchen, aus der heraus das Publikum zum Feiern bewegt werden kann – ganz egal, ob man am liebsten Charts, Industrial oder Salsa auflegt.
Wer Glück hat, wird für angesagte Events gebucht, bekommt ungefragt Champagner an seinen Arbeitsplatz gestellt oder backstage eine eigene Garderobe (mit Obstkorb) oder zumindest einen Parkplatz direkt am Hinterausgang neben den Mülltonnen. Natürlich ist nicht jeder, der sich „DJ“ nennt, auch gut in seinem Job, obwohl er Equipment im Wert eines Einfamilienhauses aufgefahren hat.
Wer es jedoch drauf hat, kann auch mit einem prähistorischen Windows 98-Laptop und einer €5,99-USB-Soundkarte eine fette Party schmeißen.
Eines eint jedoch alle DJs jenseits unserer Philosophien und Vorlieben: Wenn Sie ganz sicher gehen möchten, dass ihr Anliegen vom DJ definitiv NICHT beachtet wird, sagen Sie diesen Satz: »Spiel mal was Schönes!« Eher erhalten Sie auf telefonische Anfrage einen aktuellen Mietspiegel beim Bürgerservice im Rathaus von Monrovia.

Wo ist das Problem?
Oftmals ist das eigentliche Anliegen des Gastes erkennbar, ja berechtigt und total nachvollziehbar, gelegentlich wird es sogar sehr höflich vorgetragen.
Aber in dem Satz „Spiel mal was Schönes“ schwingen unbewusst zwei Dinge mit:
Du machst keinen guten Job. (Ja, ich gebe auch mein Bestes, damit ich hier nie wieder engagiert werde, ich stehe hier übrigens nur zum Spaß bis nachts um 4.00 Uhr rum und die Gage brauche ich ohnehin nicht.)
„Schön“ ist kein wissenschaftlich messbares Kriterium. (Ich persönlich finde „No Voices In The Sky“ von Motörhead tatsächlich irgendwie… „schön“.)
Das klingt jetzt natürlich sehr danach, als ob in meiner tollen Backstage-Garderobe neben dem Obstkorb auch noch beleidigte Leberwürste und ein Teller Allüren stehen würden, aber eigentlich möchte ich nur einen Tipp loswerden, wie jeder viel eher zu seiner Wunschmusik kommt:

Wie sage ich es ihm?
Oft ist der DJ-Job tatsächlich purer Stress. Beispielsweise wenn nur noch 30 Sekunden verbleiben und der nächste Titel nicht lädt oder nicht zu finden ist oder einem gerade einfach nichts Passendes einfällt.
Deswegen freuen wir uns über konkrete Aussagen: „Hast Du „Shape Of You“ von Ed Sheeran?“, „Könntest Du bei der nächsten Rumba was Lateinamerikanisches spielen?“, „Machst Du mal eine 90er-Runde mit Culture Beat oder so?“
Und wenn Sie dann noch im Sinn haben, dass es 50% der Gäste immer zu laut und den anderen 50% immer zu leise ist, ein DJ in der Regel einen Plan hat, welche Songs wann passen und „Dancing Queen“ einfach nichts auf einer Dubstep-Party zu suchen hat, wird alles cool.
Oder Sie machen es so wie eine Dame auf meinem letzten Gig. Sie bringt mir ungefragt ein Glas Sekt an die Diskothek, ich bedanke mich freudig und frage: „Kann ich Ihnen einen Musikwunsch erfüllen?“ Sie ahnen vielleicht, was sie mir geantwortet hat…

Viel Spaß beim Tanzen & Feiern,

Euer Johnny