Breakdance wird zur olympischen Disziplin – und was sagt die Szene dazu? Auszüge aus einem Gespräch über Kunst, Freiheit und Realismus mit den Flying Steps aus Berlin, die Breakdance-Company, die den Weg von den Straßen der Hauptstadt auf die Bühnen der Welt gefunden hat.

Vom Untergrund in olympische Höhen

Was in den 80er Jahren in verlassenen Fabrikhallen der Großstädte im Verborgenen begann und sich schließlich weltweit als Hip-Hop-Kultur etablierte, das ist heute im Mainstream angekommen: der Tanzstil Breakdance fasziniert immer mehr Menschen. Dabei war die Massentauglichkeit zu Beginn nicht das Ziel dieser Bewegung: es ging ums Teilen und um die Community. Vor allem jedoch ging es um eine Form individueller Freiheit, die die Künstler im Tanzen gefunden haben. Seit dieser Zeit hat sich jedoch Vieles verändert, die Szene ist gewachsen, sie hat sich professionalisiert. Breakdance hat heute eine so große Popularität erlangt, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Tanzkunst anlässlich der Sommerspiele 2024 in Paris in den Katalog der Wettkampfdisziplinen aufzunehmen plant. Bereits im Oktober 2018 wurde der Testlauf hierzu erfolgreich absolviert: bei der Jugendolympiade in Buenos Aires traten 24 Breaker erstmals gegeneinander an. Die Jugendlichen im Alter von 15-18 Jahren beeindruckten die Jury mit den an Akrobatik erinnernden Bewegungen wie Airflares, Scheren und Powermoves – Gold ging dabei an Russland.

Ein schmaler Grat zwischen Kunst und Wettbewerb

Wie lässt sich nun der Freiheitsgedanke, der dem Breaken innewohnt, mit stark formalisierten Bewertungskriterien in Einklang bringen? Welche Chancen und Risiken liegen in der weiteren Etablierung des Breakdance zur olympischen Disziplin? Werden wir mit noch spektakuläreren Moves rechnen dürfen – aber auch mit größerem Leistungsdruck und mit einem höheren Verletzungsrisiko? „Der Wettbewerb steht der Kreativität und dem Freiheitsgedanken des Breakdance nicht entgegen“, wie Mikel Rosemann versichert. „Breakdance war schon immer eine Competition und es ging darum, sich gegenseitig zu messen. Das Level des Breakdance ist außerdem so hoch wie nie zuvor, von daher passt der Tanz auch gut in Olympia hinein, denn bei den olympischen Spielen geht es ja darum, mit sportlichem Ehrgeiz gegeneinander anzutreten. Das sind ganz klare Parallelen.“ Er sieht große Chancen für die Tänzer – besonders für den Nachwuchs – sich zu profilieren. Wie lässt sich das am besten realisieren frage ich. „Das geht nur, wenn klare Bewertungskriterien durch kompetente Jurymitglieder angesetzt werden und die Musikalität nicht in den Hintergrund rutscht. Der Freiheitsgedanke des Breakdance muss respektiert werden und vor allem muss der Tanz das bleiben, was er ist: eine Kunstform.“

„Die Menschen sollen sehen, wie krass Breakdance ist!“

Die Ernennung zur olympischen Disziplin ist, wie der Profitänzer Benny Kimoto bemerkt, gewissermaßen auch ein Ritterschlag, denn es ist in jedem Fall eine Form der Anerkennung und die enorme internationale mediale Präsenz wird dafür sorgen, dass mehr Menschen mit Hip-Hop und Breakdance in Berührung kommen und so eventuell leichter den Zugang zu dieser spektakulären Bewegungsform finden könnten. Auch werden Profitänzer, die bei Olympia teilgenommen haben, so hofft er, einen schnelleren und leichteren Zugang zu Sponsorings und Showauftritten erhalten. Benny, der den Weltrekord im Headspin hält, steht der Sache von Grund auf offen gegenüber, dennoch warnt er: „Wir müssen aufpassen, dass die Kultur des Teilens nicht verlorengeht.“ Willy Hem, erfolgreicher Hoffnungsträger und Newcomer im Breakdance, sieht das ähnlich wie Benny: er befürchtet, dass ein Split in der Szene geschehen könnte und sich die Welt des Hip-Hop noch mehr in Kommerz und Kunst aufteilen könnte. Dennoch steht er einer Teilnahme bei den olympischen Spielen offen gegenüber, wie er mit einem entspannt-strahlenden Lächeln bekundet: „Why not?!“.

Breakdance made in Berlin

Die Flying Steps wurden im Jahr 1993 von Vartan Bassil gegründet und haben es mit ihren spektakulären Shows und Tanzperformances zu internationalem Renommée gebracht. Die Erfolgsgeschichte begann in den 90er Jahren mit einem Pappkarton auf den Straßen Berlins und sucht seither auf den Bühnen der Welt ihresgleichen. Bis dato sind es mehr als eine Million Zuschauer, die sich von den Inszenierungen des Gründers u.a. Flying Bach (2010), Flying Illusion (2014) und Flying Pictures (2019), live haben verzaubern lassen – und es werden immer mehr Menschen, die diesen Tanzstil lernen möchten: im Jahr 2007 haben die Flying Steps daher ihre Nachwuchsschmiede, die Flying Steps Academy, in Berlin-Kreuzberg gegründet. In Deutschlands erster und größter urbaner Tanzschule finden wöchentlich mehr als 1.500 Tanzbegeisterte den Weg in die dortigen Kurse und können sich in sämtlichen urbanen Tanzstilen ausprobieren. Natürlich auch im Breakdance.

Eva Wildhardt, Pressereferentin der Flying Steps.
Fragen an: eva.wildhardt@flyingsteps.com