Der unsichtbare Kampf um das Territorium oder: zwei Alphatiere werden nun mal nicht geduldet

Es gibt in einer Begegnung zwischen zwei Menschen unabhängig davon, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen, keine gleiche Hierarchie-Ebene. Einer der beiden ist immer dominant und der andere diesem Rang untergeordnet.

Wenn ich von der Beziehung zwischen zwei Menschen schreibe, dann meine ich jegliche Art von Beziehung. Das kann die Beziehung zwischen Geschwistern sein oder Liebespaaren, die Beziehung zwischen Tanzpaaren, Geschäftspartnern, Kollegen, die Beziehung zwischen Eltern und dem Kind, beste Freunde oder Freundinnen und auch die Beziehung zu Fremden, mit denen Sie in Ihrem Leben für eine kurze oder längere Zeit in Verbindung treten, sei es beruflich oder privat.

Die Hierarchie-Ebene wird entweder sehr schnell geklärt und das findet auf nonverbaler Ebene statt oder die Begegnung bleibt so lange in einer spürbar angespannten Lage, wenn einer der beiden die eingeforderte Rolle nicht übernehmen möchte. Zwei Alphatiere werden nun mal nicht geduldet.

Wie uns die Tierwelt schon zu unserer Kinderzeit fasziniert hat, vor allem wenn zwei Tiere um das Territorium oder das Weibchen kämpften, bis der Unterlegene geschlagen das Feld räumen musste und geduckt von Dannen zog oder in den niederen Rängen im Rudel
weiter geduldet wurde. Sie erinnern sich…

Dieser territoriale Kampf spielt sich auch unter uns Menschen ab. Oft ein wenig verschleiert und nicht für alle erkennbar, doch das
befreit nicht davon, dass es nicht stattfindet.

Die Feststellung ist keine gleichzeitige Bewertung, welche der beiden Positionen womöglich die bessere sei. Manche wählen gerne die untergeordnete Rolle, denn die befreit viel häufiger von Verpflichtungen und Verantwortung, andere lieben die dominante Rolle, möchten Entscheidungen selbst treffen und ordnen sich ungern den Anweisungen anderer unter.

Wenn zwei Menschen dieser beiden unterschiedlichen Ebenen zusammentreffen, gehen sie von vornherein eine harmonische Beziehung ein.

Vielleicht kennen Sie solche Konstellationen: Zwei Geschäftspartner leiten ein Unternehmen, beide haben zwar gleiche Anteile und verdienen das gleiche Gehalt. Wenn Sie beide genauer betrachten, können Sie erkennen, dass einer mehr im Hintergrund agiert – vielleicht den Bereich der Finanzen und Zahlen pflegt – während der andere die Mitarbeitergespräche führt, viel mehr in der Öffentlichkeit vertreten ist. Klare Aufgabentrennung mit der »richtigen Besetzung«, das heißt mit Personen, die sich mit den Aufgaben auch gerne identifizieren, sorgt für konfliktfreies Miteinander. Wenn partnerschaftliche Rollen also klar abgegrenzt sind und jeder der beiden diese Position selbst gewählt hat und zufrieden ist damit, gibt das eine dauerhaft zufriedenstellende und erfüllende Gemeinschaft. Genauso verhält es sich auch in privaten Beziehungen.

Eine Partnerschaft fühlt sich dann bedingungslos erfüllt an, wenn beide ihre Rollen gewollt eingenommen haben und der eine den Platz des Beschützenden einnimmt und deutlich häufiger Entscheidungen für beide fällt; hingegen der andere sich wohlfühlt in der Position des Beschützt-Werdens und des sich Fallen-Lassens. Wer tatsächlich dominant ist und wer die unterlegene Rolle eingenommen hat, erkennt ein geschultes Auge schnell: der Dominante wird sich in der nonverbalen Ebene bemerkbar machen, denn er nimmt territorial deutlich mehr Raum ein. Gerne bestimmt der Dominante auch die Dauer einer Unterhaltung und entscheidet, wann das Gespräch zu Ende ist. Natürlich wahrt er dabei den Respekt und benutzt die angemessenen Worte wie: »Tut mir leid, wenn ich Sie jetzt leider unterbrechen muss. Die Pflicht ruft. Gerne hätte ich mich mit Ihnen länger unterhalten. Genießen Sie weiterhin den schönen Tag und machen Sie es gut. Bis zum nächsten Mal. Auf Wiedersehen.«

In der Tanzszene sind die vorgegebenen Rollen der Tänzerin und ihrem Tanzpartner ebenso klar eingeteilt. Es gibt den Tänzer, der führt und die Tänzerin, die geführt wird. Wenn beide sich ihrer Rollen bewusst sind und sie auch bereit sind einzunehmen, verbringt das Paar eine wunderbare (Tanz-) Partnerschaft. Die Trainings verlaufen bestimmt diszipliniert und gleichzeitig auch respektvoll und wertschätzend. Leider ist das nicht immer der Fall: von langen Frauennägeln zerkratze Männerhände, die ihren Tanzpartner für unfähig erklärt haben, die Führungsrolle zu übernehmen als auch Männer, die ihre Tanzdamen mit übermäßiger Kraft in die gewünschte Figur gedrängt haben und viele andere unschöne Bilder fallen mir hier ein. Tanzen ist eines der vier Dinge, die automatisch glücklich machen, neben Singen, Spielen und Lachen. Lassen Sie das Tanzen und das Glücklich-sein weiterhin harmonisch vereint. Bleiben Sie in Ihrer Rolle, die Sie gewählt haben und verlieren Sie dabei niemals den Respekt vor Ihrem Partner.

Ich wünsche Ihnen alles Liebe, bleiben Sie wertschätzend.

Ihre Betül Hanisch

»In einem größeren Unternehmen ist der tägliche Ablauf nur mit einer klaren Aufgabenteilung möglich: Tina ist für die gesamte Kursplanung und Personalplanung zuständig, ich hingegen bin fast täglich auf Events, Wirtschaftstreffen oder Podiumsdiskussionen. Grundlegende Neuerungen oder Veränderungen entscheiden wir wiederum gemeinsam.«
Oliver Thalheim, Inhaber Tanzschule Oliver & Tina, Leipzig