Line In – Der Musikkanal

Der neue Trend: “Tropical-Reggaeton-Samba-House-West-Fox-Swing”

von Johnny Schmidt-Brinkmann

Wie kommen Tanzlehrer oder (Tanz-)DJs eigentlich an neue Musik?
Wenn berufsmäßige Tanzmenschen auf Musiksafari in den Charts sind, um neue Titel für uns alle zu finden, ist die Zuordnung welche Musik = welcher Tanz relativ einfach. Die ersten Kriterien sind Taktart und Geschwindigkeit des Songs. Diese bestimmen, welche Tänze überhaupt nur in Frage kommen. Danach kommen noch die rhythmischen Besonderheiten unter die Lupe. Fertig.

Erledigte man diesen Job in der Vergangenheit im Monatsrhythmus, war das Ergebnis meist ziemlich vorhersehbar: Zehn neue schnelle Discoföxe, eine Hand voll Cha Cha Cha, Rumba und Samba, vielleicht ein Jive, mit Glück ein Wiener Walzer oder Quickstep, kein Langsamer Walzer.

Was ist zur Zeit los auf dem globalen Musikmarkt?
Wer in den letzten Wochen ein Ohr auf die aktuellen Charts geworfen hat, um einen schnelleren Discofox zu finden, wird kaum fündig geworden sein. Die Auswahl ist so begrenzt wie nie zuvor seit der Entstehung in den frühen 70er Jahren.
Dieser Mangel ist etwas grotesk, da Popmusik mit ca. 128 Beats pro Minute* bei Weitem kein Rohstoff mit begrenzten Ressourcen ist.
Stattdessen könnten wir heute hingegen einen ganzen Abend auf Samba, Foxtrott und West Coast Swing aufbauen, denn viele Titel sind eher im Bereich unter 100 BpM unterwegs. Zum Beispiel „The Ocean“ von Mike Perry, „Let Me Love You“ von DJ Snake feat. Justin Bieber oder „Duele el corazon“ von Enrique Iglesias.

Wie kommt’s?
Der Grund liegt im Zusammenfluss zweier Popmusik-Trends. Zum einen ist der sog. „Tropical House“, seit etwa zwei Jahren fester Gast in den Charts. Charakteristisch für Tropical House sind neben einem deutlich langsameren Dancebeat lateinamerikanische und karibische Instrumente wie Marimbas, Steel Drums oder Panflöten. Der norwegische DJ und Produzent Kygo gilt als Mitbegründer des Trends. Uns Tänzern ist sein Remix von „I see fire“ (Ed Sheeran) als Rumba oder West Coast Swing ein Begriff.

Auf der anderen Seite hat sich der typische Beat des Reggaeton fest in den Musik-Produktionsstudios eingenistet. Reggaeton ist, grob gesagt, ein agg
ressiver Mix aus Reggae, Salsa und Hip Hop-Elementen. In Europa ist das Genre im Jahr 2005 mit dem Top-10-Hit „Gasolina“ van Daddy Yankee angekommen – für uns eine Samba.
Der aktuelle Hit „Cold Water“ von Major Lazer feat. Justin Bieber
(ja schon wieder Justin, sorry) ist ein perfektes Beispiel für den Mix der Ingredienzien beider Trends.

Und was machen wir jetzt damit?
Das, was leidenschaftliche Tänzer bei Musik immer tun: Tanzen und sich fröhlich anpassen! Im Herbst gibt es in diesem Jahr einfach etwas weniger aktuelle Cha Cha Chas und Discoföxe. Macht übrigens nix, hier entsteht in den Party-Playlists nämlich Raum für fast vergessene Klassiker, ich nominiere deswegen als erstes „We close our eyes“ von Go West (1985)!
Und für die ähnlich schnellen Tänze Samba, West Coast Swing und den guten alten Foxtrott haben wir jetzt viele neue Songs mit satten Beats und einem enormen Sound. Hört Euch die Titel mal an,
am einfachsten hier:

Ich freu‘ mich drauf!

Euer Johnny

*Wer sich jetzt überlegt, wie schnell denn bitte 128 BpM sind, denkt einfach an „Atemlos“ von Helene Fischer oder „I was made for lovin‘ you“ von Kiss.