Seit zehn Jahren hält die RTL-Show Tanzfans in Atem: Wer kommt weiter, wer fliegt raus? Wer eines der 600
Tickets für die Liveshow ergattert, kann Promis und Profis im Kölner Fernsehstudio hautnah auf die Tanzschuhe schauen. TANZEN – Das Magazin hat sich hinter der Bühne umgesehen.

Katia Convents schaut auf den Bildschirm. Noch eine Stunde, bis ihre Kostüme beim 80er-Jahre-Special von Let’s Dance im Einsatz sind – die Frau mit dem offenen Lächeln strahlt. Seit der ersten Staffel kümmert sich die Designerin und frühere Weltklassetänzerin um Schuhe und Kostüme. Über 1900 Show-Outfits hat sie sich seit Beginn der Sendung ausgedacht, kilometerlange Nähte gesäumt, hunderttausende Strasssteine aufgeklebt. „In meinen Händen liegt das Aussehen der Paare. Alles muss zusammenpassen: Inszenierung, Musik, Aussehen, Tanzen.“ Vor ein paar Minuten hat sie die letzten Änderungen an den Kostümen vorgenommen, gleich wird sie mit ihrem Team auf Position gehen. „Während der Sendung sind wir beim Umziehen in der Halle. Unter der Empore, wo die Paare sitzen, haben wir einen eigenen Raum: Wir sitzen unten drunter und machen quick change“. Zehn bis vierzehn Leute sind es, in Höchstphasen auch sechzehn, die Profis und Promis für die Sendung ausstatten: „Wir arbeiten sieben Tage in der Woche, meistens zwölf Stunden“. Kein Wunder bei bis zu 60 Stunden Handarbeit, die in einem Tanzkleid stecken können. Die Arbeit ruft, Katia Convents geht Richtung Studio.

Auf dem Weg dorthin geht es zu wie in einer Mischung aus Ameisenhaufen und Ferien-Zeltlager; besonders viel los ist auf der Maskenetage. „Hi Daniel!“ – „Wo ist der Llambi?“ Auf einem Balkon sind Sprays für gesunde Körperfarbe im Einsatz, Heinrich Popow nimmt sich fünf Minuten Gesprächszeit. „Mit Tanzen hatte ich nie was zu tun“, erzählt der Leichtathlet, dem mit neun Jahren wegen eines Tumors das linke Bein bis zum Oberschenkel amputiert wurde. „Anfangs war ich feige und hatte Angst davor.“ Doch als die Anfrage kam, erzählt Heinrich Popow, kam es für ihn zum Schwur: „Ich dachte: ‚Wenn du schon draußen rumläufst und sagst, es gibt keine Grenzen der Behinderung – dann solltest du es auch beweisen.’“ Konzentriert denkt Heinrich über die Bedeutung des Tanzens nach: „Man fühlt den Körper komplett anders. Ich lerne mich in jeder Minute neu kennen. Ich bin freier in meinen Bewegungen.“ Und gleichzeitig eingespannt in ein enges Zeitkorsett:

„So, jetzt gehe ich schnell in die Maske, sonst bringen die mich um.“

Der Weg ins Studio führt über Treppen und Gänge mit reichlich Security, Technikkoffern und Erfrischungsräumen. Gerade kommt Isabel Edvardsson – weiße Badeschlappen, gelbes Tanzkleid. Anni Friesinger-Postma telefoniert mit ihren Lieben zu Hause, bevor sie mit Tanzpartner Erich Klann nochmals den Cha Cha Cha des Abends durchgeht. Kleiderständer werden herumgefahren. Im Catering-Bereich sitzen Techniker, die Stahltür zum angrenzenden Studio fällt im Sekundentakt ins Schloss. Im Studio selbst ist es ordentlich warm. Gut zwei Stunden hatten die ersten Gäste gewartet, bis sie – aus Sicherheitsgründen handtaschen- und handylos – eingelassen wurden. Zwanzig Minuten bis zur Show, die mit vier Stunden Länge für Publikum, Teilnehmende und Personal einen besonderen Kraftakt bedeutet. Ben und Joe schieben Pyrotechnik in Richtung Studio – Feuerwerk, Fontänen, Effekte. „Wir haben Bodennebel, Konfetti, Feuer mit Schienen. Alles abgestimmt, denn alles kann darüber entscheiden, ob es eine runde Sache wird oder nicht.“ Mit Tanz haben die beiden Pyrotechniker eher wenig zu tun. „Damit fangen wir erst gar nicht an!“, lacht Ben, trotzdem sind beide wortwörtlich Feuer und Flamme für die Show. „Man muss nichts vom Tanzen verstehen, um unseren Job gut zu machen, aber ein musikalisches Verständnis braucht es schon. Und Taktgefühl.“ Ben schiebt den Rollwagen mit den Effekten Richtung Studio.

Christian Polanc, der seit der zweiten Staffel als Profitänzer dabei ist, kommt hinterher. Er beschreibt, was Let’s Dance hinter den Kulissen ausmacht: „Man freut sich jedesmal, wenn man sich auf Klassenfahrt hier wieder trifft und alle wieder zusammen sind.“ Und wenn Let’s Dance zu Ende geht? „Dann fällt man in ein kleines Loch, weil man die ganze Zeit wie in einer Achterbahn gesessen hat. Über Monate hinweg geht es die ganze Zeit – bääääm! – in eine Kurve, dann kommt die Spirale, dann der Looping. Wenn das plötzlich vorbei ist, kommt man zur Besinnung: ‚Oh, es ist Sonntag. Was mache ich jetzt?.’“ Und ohne Tanztraining sei es ganz komisch, bekennt Christian Polanc im Weitergehen und lächelt. Und ist wahrscheinlich froh, dass gleich die tief-vertraute Stimme aus dem Lautsprecher kommen wird: „Let’s Dance!“.